Eine Überfahrt über den Malawisee ist ein echtes Erlebnis! Wir starteten von dem kleinen Fischerort Mbamba Bay im Westen Tansanias. Unser Ziel war Itungi Port im Norden des Malawisees.
Wie abenteuerlich die Fahrt über den See wirklich werden würde, hätten wir uns vorher nicht ausmalen können!
Was wir erlebt haben und wie es uns ergangen ist, erfahrt ihr hier:
Mbamba Bay ist nur über eine unbefestigte Straße zu erreichen. Aus Songea, der nächst-größeren Stadt im Westen Tansanias, steht einem eine mehrstündige, holperige Busfahrt bevor bis man in dem kleinen Ort am Ostufer des Malawisees ankommt. Dass sich hierher nicht viele Touristen verirren, merkten wir schon im völlig überfüllten Bus, in dem wir mal wieder die einzigen „Wazungu“ („weiße Touristen“) waren.
Von dem kleinen staubigen Busbahnhof waren es nur wenige Meter bis zu unserer Unterkunft. Trotzdem bestand gleich ein netter Herr darauf uns den Weg zu zeigen. Wir wohnten in einem Kloster, in dem die Nonnen einige Gästezimmer vermieten, um das Kloster zu finanzieren. Die Unterkunft liegt auf einem kleinen Hügel am Rand des Ortes, sodass man aus dem Garten einen tollen Blick über Mbamba Bay mit seinen gerade mal 10.000 Einwohnern hat.
Nachdem wir einige Tage durch den Ort geschlendert waren und die umliegenden Strände erkundet hatten (leider ist das Thema „Baden im Malawisee“ wegen der Wurmerkrankung Bilharziose schwierig) dachten wir über die Weiterreise nach.
Wir hatten von einem Schiff gehört, dass entlang der Ostküste des Malawisees nach Norden fährt und neben Waren auch Passagiere mitnimmt. Und genau diese Schifffahrt wollten wir uns nicht entgehen lassen. Unser Plan war es in Mbamba Bay einzusteigen, um über den Wasserweg den nördlichsten Zipfel des Sees, Itungi Port, zu erreichen. Von dort sollte es weiter mit dem Bus nach Iringa gehen, wo wir eine Safari im Ruaha Nationalpark planten.
Am Bootsanleger von Mbamba Bay konnten wir leider keine genauen Abfahrtszeiten erfahren. Langes Durchfragen brachte dann die Info, dass das Schiff zweimal wöchentlich fahre und für die Strecke ca. 16 Stunden benötige. 16 Stunden kam uns doch schon ganz schön lang vor für eine Strecke von ca. 200 Kilometern Luftlinie. Aber da es entlang des Sees keine Straße gab, hätte man auf dem Landweg einen riesigen Umweg fahren müssen, was endlose Stunden im Bus bedeutet hätte.
Dann lieber 16 Stunden mit dem Schiff!
Am Tag, an dem das Schiff ablegen sollte, standen wir also mit all unserem Gepäck am Pier. Doch das Schiff kam nicht. Keiner konnte uns sagen wann oder ob überhaupt die Reise über den See weitergeht. Unverrichteter Dinge ging es für uns wieder zurück in die Unterkunft. In Tansania ticken die Uhren doch ein bisschen langsamer… Also hieß es abwarten und hoffen, dass das Schiff noch irgendwann gen Norden aufbricht.
Am nächsten Morgen wurden wir um 7 Uhr morgens durch das Klopfen an unserer Zimmertür geweckt. Völlig verschlafen öffneten wir die Tür und eine der Nonnen stand vor uns. Aufgeregt erklärte sie uns, dass das Schiff jetzt angekommen sei und in einer halben Stunde ablegen würde. Also alles schnell zusammen gepackt und runter zum Pier.
Wir schafften es gerade so rechtzeitig!
Die „MS Iringa“ war ein alter Dampfer. Kojen suchte man hier vergebens. Es gab nur ein Oberdeck mit einigen Holzbänken und ein Unterdeck in dem Teppiche auf dem Boden lagen. Der Motorenlärm war hier allerdings ohrenbetäubend.
An Bord waren kaum Fahrgäste, so dass wir uns einen Platz auf dem Oberdeck, möglichst weit entfernt vom Motor, aussuchen konnten. Dann ging es langsam los auf den Malawisee hinaus.
Gemächlich tuckerten wir über das tiefblaue Wasser, vorbei an paradiesischen Stränden und ursprünglichen Siedlungen mit kleinen Holzhütten.
Alle paar Stunden hielten wir in kleinen Dörfern, deren einzige Verbindung zur Außenwelt dieses Schiff war. Es herrschte immer eine große Aufruhr wenn wir anlegten. Alle aus dem Dorf beeilten sich zum Strand zu kommen, Waren wurden aus- und eingeladen und das Schiff wurde immer voller! Irgendwann waren alle Plätze auf unserem Deck belegt. Zwischen den Bänken stapelten sich riesige Tüten, Kisten und auch das ein oder andere Huhn war mit an Deck.
Zu diesem Zeitpunkt konnten wir schon nicht mehr zählen wie oft wir unsere Geschichte, woher wir kommen und wo unser Ziel ist, auf neugierige Fragen erklärt haben. Alle waren sehr nett und interessiert wer die beiden Touristen auf dem Schiff über den See sind.
Bei jedem Stopp wurden verschiedene Snacks wie Maiskolben oder gegrillter Fisch angeboten, aber das Kaufen der Mahlzeiten stellte sich als große Herausforderung heraus. Denn das Schiff verlassen konnten wir nicht. Die einzige Verbindung zum Festland war eine sehr schmale Metallleiter, die einfach direkt auf den Strand gelegt wurde. Dieser Weg war jedoch immer von den Lastenträgern und neu einsteigenden Passagieren belegt. Um ihre Waren trotzdem an den Mann zu bringen, haben die Verkäuferinnen Körbe an langen Stangen vom Strand aus auf das Schiff hochgereicht. Aber der Andrang war bei jedem Stopp so groß, dass es kaum möglich war Kontakt zu den Verkäuferinnen aufzunehmen. Also blieben wir bei trockenen Brötchen, die wir uns glücklicherweise vom Frühstück im Kloster mitgenommen hatten.
Irgendwann wurde uns klar, dass wir es niemals in 16 Stunden bis in den Norden schaffen würden. Gemessen an der Strecke, die wir bis zu diesem Zeitpunkt zurückgelegt hatten, würden wir noch die ganze Nacht auf dem Schiff verbringen.
Je dunkler es wurde, desto mehr nahm auch der Wellengang zu. Während es die letzten Stunden nur leicht geschaukelt hatte, wurden wir jetzt ordentlich durchgeschüttelt. Glücklicherweise hatte wir vorgesorgt und einen guten Vorrat an Tabletten gegen Seekrankheit dabei. Der schöne Nebeneffekt der Tabletten ist, dass man davon müde wird. So konnten wir wenigstens etwas schlafen. Denn bequem war es nicht gerade...
Alle Passagiere hatten sich einen Platz auf, neben oder zwischen den Bänken auf dem Boden gesucht. Das ganze Deck war vollgepackt mit schlafenden Menschen, man konnte kaum eine Lücke finden.
Wir schliefen auf einer der Holzbänke bzw. auf dem Boden daneben. Das Schiff schaukelte so sehr, dass man neben den heruntergelassenen Planen an den Seiten des Schiffs abwechselnd den riesigen hellen Vollmond und die tiefschwarzen Wellen des Malawisees sah.
Eines lässt sich zusammenfassen: Es war eine der unbequemsten Nächte auf Reisen jemals!
Irgendwann wurde es wieder hell, der Wellengang legte sich, aber am Ziel waren wir noch immer nicht. Erst nach sage und schreibe 27 Stunden erreichten wir Itungi Port.
Müde und leicht schwankend verließen wir die MS Iringa. Am Bootsanleger wartete die nächste Überraschung auf uns.
Zwei Transporter mit offenen Ladeflächen standen schon bereit, um die Passagiere in die nächste Stadt zu bringen. Anders als wir erwartet hatten, gab es in Itungi Port nämlich wirklich nur einen Hafen, der aus 2 Stegen bestand und keine Übernachtungsmöglichkeiten bzw. Häuser weit und breit. Also quetschten wir uns zu den anderen Passagieren auf eine der völlig überfüllten Ladeflächen und die Transporter rasten los. Wir wurden hin- und hergeworfen, festhalten war nur am Gestänge, seitlich der Ladeflächen, möglich. Der Weg führte durch riesige Bananenplantagen und einige kleine Dörfer.
Doch irgendwie überstanden wir auch diese Fahrt. Aus der Stadt Kyela war es dann nur noch eine kurze Busfahrt bis nach Mbeya, wo wir völlig erschöpft ins Bett fielen.
Unser Fazit: Es war die bisher abenteuerlichste Schifffahrt oder Fahrt in einem Verkehrsmittel überhaupt, die wir je hinter uns gebracht haben! Wir sind durch eine unfassbar schöne Landschaft gefahren, haben unglaublich nette Einheimische kennengelernt und vermutlich eine der ursprünglichsten Ecken Tansanias gesehen.
Hätten wir jedoch vorher gewusst, dass die Fahrt gute 9 Stunden länger dauert als geplant, das Schiff völlig überfüllt sein wird, wir auf Holzbänken schlafen müssen und ein derartiger Wellengang in der Nacht herrscht, hätten wir uns vermutlich doch dagegen entschieden.
Trotzdem sind wir im Nachhinein glücklich die Erfahrungen gemacht zu haben.
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